Allgemeine Zeitung vom: 25.08.2015


Feuerwehren aus der VG Stromberg üben auf Speditionsgelände in Waldlaubersheim
Von Heidi Sturm

WALDLAUBERSHEIM - „Hilfe, alles brennt und überall explodiert was…“ Der junge Mann, der auf dem Hof der Spedition Schenker panisch herumrennt, ist ein guter Schauspieler: Die extreme Gefahrenlage auf dem Betriebsgelände mit dichtem Qualm, der aus den Hallentoren wabert, schreienden Menschen auf dem Dach, einer giftgrünen Flüssigkeit, die aus einem Fass rinnt, oder brennenden Behältern mit unbekanntem Inhalt ist zum Glück nur gestellt und eine große Herausforderung für die Wehren der Verbandsgemeinde Stromberg, der geschockte junge Mann eines von zehn Opfern, die gerettet und fachmännisch versorgt werden mussten.

Die nach dem Alarm als erstes eingetroffene örtliche Wehr hatte sofort erkannt, dass angesichts all der „Brandherde“ Unterstützung gefragt war. Mit Nachalarmierungen aus den umliegenden Orten setzte man die Rettungsmaschinerie unverzüglich in Gang. „Im Ernstfall hätten wir auch den „ganz großen Knopf gedrückt und noch weitere Unterstützung aus anderen Verbandsgemeinden angefordert“, unterstrich Wehrleiter Bernhard Schön. So wurde etwa die Schnelleinsatzgruppe nur fiktiv alarmiert, die bei einem realen Unglück in dieser Größenordnung eine Betreuungsstelle zur Versorgung von Patienten und Einsatzkräften eingerichtet hätte.

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DAS AUFGEBOT
Im Einsatz waren 43 Feuerwehrleute aus Stromberg (13), Schöneberg (6), Roth (4), Waldlaubersheim (3), Eckenroth (5), Windesheim (8) und Langenlonsheim (Wehrführer) mit elf Fahrzeugen.

Verbrennungen erlitten

Beim Ausarbeiten der Übung hatte der Schenker-Gefahrgutbeauftragte Markus Voll auch richtig in die Vollen gegriffen und Szenarien ausgetüftelt, von denen schon eines für einen Großeinsatz gereicht hätte.

Szene eins sah einen Gebäudebrand mit Bewusstlosen im Treppenhaus, einem Vermissten im Büro im zweiten Stock, einem Kollegen, der beim Löschversuch Verbrennungen erlitten hatte und dem der Rückweg abgeschnitten war, außerdem einem Verletzten mit Beinbruch, der mit der Trage an der Drehleiter nach unten geholt werden musste, vor. Dafür sprang dann wie bei Übungen ein „Dummy“ ein, der lebendige „Kollege“ wurde im Korb transportiert. In der Halle war Batteriesäure verpufft, einige Menschen hatten Säureverbrennungen erlitten, eine Kollegin lag bewusstlos unter einem umgefallenen Stapel. Hinter dem Haus lief die hochgefährliche, ätzende und brandfördernde Königssäure aus Salpeter- und Schwefelsäure aus, in der Nähe brannte explodiertes Methylmagnesium. Wäre dort mit Wasser oder Schaum gelöscht worden, hätte es eine weitere Explosion gegeben.

Beim Eintreffen der Wehr hatte ein Schenker-Mitarbeiter bereits die Kanaleinleitung abgeschiebert, so dass keine Gefahrstoffe ins öffentliche Wassernetz gelangten. Andere Mitarbeiter hatten bereits in säurefesten Anzügen die Lage kontrolliert und konnten der Feuerwehr die Kennnummern der Stoffe nennen, laut denen man die Warnhinweise nachschlagen kann. Hinter dem Gebäude wurde ein Dekontaminationszelt aufgebaut und die Kameraden zogen die störrischen, etwa 20 Kilo schweren Chemikalienanzüge an. Das lecke Fass wurde mit einer aufblasbaren „Bauchbinde“ abgedichtet, der brennende Gefahrstoff mit angefordertem Pulver gelöscht.

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Zu lange in Rauchgasen

Zwischenzeitlich war hier – geplant – durch Hitzeinwirkung doch noch eine Explosion erfolgt, bei der ein Mann gegen eine Wand geschleudert wurde. Die Rettung an den kontaminierten Flächen vorbei erfolgte sehr gut. „Das Übungsziel wurde fast erreicht“, sagte Wehrleiter Schön. Eine junge Frau hatte allerdings zu lange in den Rauchgasen gelegen und „starb“ auf dem Weg ins Krankenhaus. „Das war ganz schön komisch, als die Retter näher kamen“, erzählte die „Leiche“ dann putzmunter im Kreis der gut versorgten Opfer. Die schwer ausgerüsteten Feuerwehrleute hatten ihr dann arg leid getan: Beim Herausschleppen mussten sie die junge Frau dreimal absetzen: „Am liebsten hätte ich gesagt: Lasst mich runter, ich laufe allein“, schmunzelte das „Opfer“.

Mit dem Ablauf der Übung und auch der Schnelligkeit waren Kreisfeuerwehrinspekteur Werner Hofmann und sein Stellvertreter Rainer Jacobus zufrieden: Patzer hatte es keine gegeben, nur ein paar Kleinigkeiten, die noch verbessert werden könnten. „Aber deshalb werden solche Übungen ja durchgeführt“, betonte Hofmann.

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