RZ-Online Artikelarchiv vom 14.02.2008
Informationsabend in Roth konnte Bedenken gegen Großprojekt der Nachbargemeinde nicht zerstreuen - Gemeinderat will sich juristisch beraten lassen
An der Grenze zu Roth will die Nachbargemeinde Waldalgesheim eine riesige Photovoltaikanlage errichten. Ein Informationsabend in Roth sollte die Bedenken zerstreuen. Doch stattdessen sahen viele Betroffene ihre schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen.
ROTH. "Unsere Wurzeln liegen in Rheinland-Pfalz, doch für unsere Vision einer nachhaltigen Energieversorgung sind wir weltweit aktiv. Wir machen Energie fühlbar, lokal und global." Mit diesen Worten stellten die Diplom-Ingenieure Martin Görner und Juan Merino das Unternehmen "juwi solar GmbH" aus Boladen in der Ortsgemeinde Roth vor. Sie wollen eine Photovoltaikanlage für Waldalgesheim errichten. Sie soll entlang der L 214 auf einer Gesamtfläche von 13,4 Hektar zwischen Waldalgesheim und Stromberg an der Gemarkungsgrenze von Roth entstehen. Zwar liegt die Planungshoheit bei Waldalgesheim und der Verbandsgemeinde Rhein-Nahe. Dennoch wunderten sich ihre Nachbarn Roth und die Verbandsgemeinde Stromberg, dass sie weder bei den Vorgesprächen noch den Planungen eingebunden waren oder zumindest näher über das Vorhaben informiert wurden. Und das, obwohl Roth im März 2007 eine von der Verbandsgemeinde Rhein-Nahe erbetene Stellungnahme zur Fortschreibung des Flächennutzungsplanes negativ beschied. Auch die Verbandsgemeinde Stromberg hatte sich gegen den Standort der Anlage ausgesprochen.
In Wort und Bild erläuterten die Ingenieure die geplante Anlage, in der in drei großen Abschnitten circa 1000 Modultische mit rund 53 000 Einzelmodulen installiert werden sollen. Die gesamte Modulfläche beläuft sich auf rund 38 700 Quadratmeter.
Sie werden nach Süden mit einer Neigung von 25 Grad zur Sonne hin ausgerichtet. Die Pfosten werden eingerammt, betoniert werde nur das Notwendigste, in der Regel seien das zwei bis vier Prozent der Pfosten.
Pro Jahr soll diese Anlage 3,8 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Das Gelände wird mit einem Stabgitter-Industriezaun mit einem Bodenabstand von zehn Zentimetern als Durchlass für Kleintiere eingezäunt, während die Module ab 80 Zentimeter bis auf eine Höhe von 2,50 bis drei Meter montiert werden. Innerhalb des eingezäunten Geländes wird eine Rasenmischung gesät. Von der Grundstücksgrenze bis zur Modulfläche gibt es um das ganze Areal noch einen Freiraum, eine zweireihige, bis zu vier Meter hohe Heckenfläche und einen Wartungsweg.
Gemeinderat und Zuhörer zeigten angesichts der Dimensionen des Projekts betroffene Gesichter. Es wurde befürchtet, dass die Anlage die Optik beeinträchtigt. Auch wurde nicht mit Vorwürfen gespart, eine Anlage dieser Art zu planen, ohne zuvor das Gespräch mit dem Nachbarn gesucht zu haben.
Viele Redner betonten, dass man im Grundsatz nichts gegen eine Photovoltaikanlage habe, aber weit weg von der eigenen Gemeinde und direkt vor des Nachbarn Tür sei den bisher immer gut gepflegten nachbarlichen Beziehungen nicht dienlich.
"Man hat uns die Anlage vor die Nase gesetzt. Wir haben deshalb große Probleme, denn die Autobahn im Rücken und eine Photovoltaikanlage gegenüber schränken die Weiterentwicklungsmöglichkeit der Gemeinde sehr stark ein", klagte Ortsbürgermeister Helmut Höning. Derselben Meinung waren sowohl der Gemeinderat als auch die Zuhörer. Angesichts der erst jetzt bekannten Dimensionen empfanden es viele als noch unverständlicher, Roth in die Planung nicht eingebunden zu haben.
Um die Einsehbarkeit zu verbessern, schlugen die Unternehmensvertreter vor, die Begrünung zu überarbeiten. Sie boten eine Besichtigungsfahrt zu einer ähnlichen Anlage an. Der Rat erbat sich eine Bedenkzeit und will sich vor weiteren Schritten rechtlich beraten lassen. (wei)
Oeffentlicher Anzeiger vom 14.02.2008, Seite 14.